Lass jubeln alle Bäume des Waldes …

Zum jährlichen “Ökumenischen Tag der Schöpfung” hat die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) am 6. September in den Garten der Kirchen auf die Landesgartenschau eingeladen. Lesen Sie hier den Bericht von Barbara Waldvogel:

„Lass jubeln alle Bäume des Waldes!“ Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) hatte am Freitag, 6. September 2024, mit dieser starken Losung aus Psalm 96 zum „Ökumenischen Tag der Schöpfung“ auf die Landesgartenschau in Wangen eingeladen. Ein abwechslungsreiches Programm und herrliches Sommerwetter verlockten viele Gäste zum Mitmachen und Mitfeiern.

Ob beim Mittagsgebet oder beim Abschlussgottesdienst, ob bei den Infoständen oder Führungen über das Gelände, das Thema Bäume und Wald konnte man an diesem Tag in seiner ganzen Vielfalt rund um den Garten der Kirchen erleben. Eine Radionachricht unterstrich die Bedeutung des Aktionstages bereits am frühen Morgen. „Der Sommer 2024 geht als weltweit wärmster in die Aufzeichnungen ein“, wurde aus dem EU-Klimawandeldienst Copernicus zitiert, und die Akteure auf dem Gelände wiesen mit ihren unterschiedlichsten Ansätzen eben nicht nur auf die Schönheit, sondern auch auf die Gefährdung von Gottes Schöpfung hin.

Pünktlich um 12 Uhr hoben beim gut besuchten Mittagsgebet Gemeindereferentin Elisabeth Dieing und Pastoralreferent Robert Schilk zusammen mit Edgar Rohmert an der Gitarre zum Lob auf die Schöpfung an, und in der Lesung aus Jeremia, 17. Kapitel, ging es dann auch um Baum und Mensch: „Gesegnet ist der Mensch, der auf den Herrn vertraut. Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und seine Wurzeln zum Bach hinstreckt. Auch wenn die Hitze kommt, fürchtet er sich doch nicht, sondern seine Blätter bleiben grün…“

Wie es nun um die Bäume am Wasser bestellt ist, konnten die Besucher bei Führungen erfahren. Mit Försterin Juliane Eickelmann und Förster Christian Reich vom Kreisforstamt Ravensburg ging es auf eine wissenschaftlich akzentuierte Tour. Schon wenige Schritte hinter dem Garten der Kirchen wurde die Vielfalt, aber auch die Bedrohung der Bäume sichtbar. Da stehen Erlen, Ulmen, Eschen, Eichen, Linden und mehr. Die noch vorhandenen Eschen sind bedroht vom Falschen Weißen Stengelbecherchen. Förster Reich: „Die Eschen sind ein Globalisierungsopfer. Der Pilz wurde aus Asien eingeschleppt.“ Den Ulmen geht es etwas besser. Sie werden zwar auch von einem Pilz befallen, aber erst, wenn sie ein gewisses Alter haben und sich schon weiter vermehren konnten. Aber durch den Pilz sind sie dann auch kein guter Holzlieferant mehr. Dagegen setzen die Fachleute auf Eichen und Linden. Sie kommen vermutlich mit der Klimaveränderung besser zurecht.

Theologisch und mit dem heiligen Franziskus im Gepäck machten sich die Gruppen unter Leitung von Theologe Edgar Rohmert auf den Weg. Er hat für den Garten der Kirche den Sonnengesang liebevoll illustriert, und beim Gang über die Gartenschau blieb auch Zeit, diesen wunderbaren Text zu lesen und über ihn nachzudenken. Daneben erhielten die Besucher viele Informationen – etwa über die Obere Argen, wo sogar der Eisvogel brütet. An diesem Tag floss sie gemächlich dahin und lud Kinder zum Plantschen ein. Aber bei Starkregen verwandelt sie sich in kürzester Zeit zum reißenden Strom, wie das ausgewaschene Flussbett und viele entwurzelte Bäume nur zu deutlich belegen. Als sehr segensreich haben sich bereits in diesem Sommer die Renaturierungsmaßnahmen erwiesen, die der Argen wieder mehr Platz einräumen und dadurch schwere Überschwemmungen vermeiden helfen.

Im ökumenischen Gottesdienst zum Abschluss des Tages unter Leitung von Erzpriester Dimitrios Katsanos, dem Vorsitzenden der ACK in Baden-Württemberg, und Weihbischof Matthäus Karrer gab es nachdenkliche und mahnende Worte zur Losung des Tages von Geistlichen aus Wangen. Pfarrerin Elisabeth Jooß wies auf den problematischen Ist-Zustand hin: „Momentan gibt es wenig Grund für Bäume und Wälder sich zu freuen und wohlzufühlen. Der Klimawandel setzt unseren Wäldern zu. Es geht ums nackte Überleben, aber nicht nur für die Bäume und viele Waldbewohner, sondern für die gesamte Schöpfung, und damit auch für die Menschen.“

Ihr katholischer Kollege Claus Blessing forderte deshalb dazu auf, „alles in unserer Macht Stehende zu tun, damit die Bäume jubeln können.“ Und Pastor Stefan Schörk von der evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) erklärte: „Das Ökosystem Wald ist einer der größten und wichtigsten Faktoren für die Schöpfungsbewahrung. Das sei Grund genug, das Motto des Schöpfungstages ernst zu nehmen.

„Herr, wir bekennen, dass wir schuldig geworden sind an den Gaben der Natur und an unseren Mitgeschöpfen, weil wir die Kräfte der Schöpfung zu sehr für unsere eigenen Interessen missbraucht haben“, hieß es in den Vergebungsbitten. Danach stimmte Erzpriester Katsanos  den orthodoxen Hymnus an: „Es mögen frohlocken alle Bäume des Waldes, da ihre Natur geheiligt ward von jenem, der sie von Anbeginn gepflanzt hatte…“

Weihbischof Karrer bekannte in seiner Predigt, er habe bis zu den Vorbereitungen für diesen Tag noch nie etwas davon gehört hatte, dass Bäume jubeln können. Aber der orthodoxe Hymnus habe ihm nun klar gemacht, warum das so ist. Karrer: „Weil sie heilig sind“. Der Wald sei mehr als ein Ding, mehr als ein Lieferant für verwertbares Holz, das man zu Geld machen kann, mehr als nur nützlich in der Klimakatastrophe. „Der Wald ist, wie Franziskus sagen würde, unser Bruder“. Als Tipp für den nächsten Waldspaziergang gab Karrer der Gemeinde mit auf den Weg: „Achten Sie bewusst auf die besondere heilige Atmosphäre, lauschen Sie dem Gespräch der Bäume untereinander und dem Gespräch mit Ihnen, und hören sie den Jubel der Bäume zum Himmel hin, zu dem, der sie und uns alle hält und trägt!“ Für die musikalische Begleitung des Gottesdienstes– mal sehr einfühlsam, mal mit mitreißenden Gospelklängen – sorgten der Chor Fisherman`s Friends und Kantor Matthias Kiefer. Das Opfer ging an die „Initiative Brücke-Cherson“.

Zahlreiche Infostände rund um den Garten der Kirchen standen für die vielfältigen Bestrebungen zur Bewahrung der Schöpfung: zum Beispiel die „TischGenossen“, eine Gruppe selbstständiger Bauern und Bäuerinnen, die sich für eine artgerechte Tierhaltung einsetzen, oder die Aktiven aus dem Altdorfer Wald, die gegen den geplanten Kiesabbau in Oberschwabens größtem zusammenhängenden Waldgebiet protestieren. Digital ging es am nächsten Stand zu, wo unter dem Label von CALL (Church Action on Labour and Life) für eine nachhaltige Nutzung der Digitalisierung geworben wurde. Und der Leutkircher Imkerverein zeigte, wie trist ein Frühstückstisch aussähe, wenn es keine Bienen mehr gäbe: Brot, etwas Käse und ein Miniapfel…

Wenn sich Kirche die Bewahrung der Schöpfung aufs Panier geschrieben hat, dann kann so etwas herauskommen wie in Kißlegg. Auf dem Dach der evangelischen Kirche liefert eine PV-Anlage Strom, eine elektrische Wandheizung sorgt für angenehme Temperaturen an kalten Tagen, und der Grüne Gockel kräht zwar nicht vom Kirchturm, ziert aber die umfangreiche Dokumentation, in die Neugierige am Stand hineinschnuppern konnten. Die Evangelisch-methodistische Kirche präsentierte ihre Schöpfungsleiter, ein Programm, wie Institutionen und Einrichtungen ihre Arbeit schöpfungsgemäß weiterentwickeln können.

Wie man Strom durch Muskelkraft ersetzen kann, bewies schließlich Albrecht Haizmann, der Geschäftsführer der ACK Baden-Württemberg. Er strampelte auf dem Smoothie-Bike der Landjugend Bad Waldsee so fest, dass der angeschlossene Mixer in kürzester Zeit Obst und weitere Zutaten zum Getränk zerkleinert hatte. „Wir könnten viele Sachen statt mit Strom mit Muskelkraft schaffen“, zeigte er sich überzeugt.

 

Fotos: Barbara Waldvogel | Gernot Dettweiler

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Ganz einfach und doch so anspruchsvoll …

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Friedensklänge auf der Gartenschau